Keine Sorge: Und wenn wir alle „vor die Hunde gehen“, ich würde niemals dazu aufrufen uns an Bellos und Flockis Napf schadlos zu halten. Aber soweit sind wir (hoffentlich) ohnehin noch nicht. Deshalb wollen wir heute über Sprache und ihre Bedeutung für Barrierefreiheit reden. Das ist auch wichtig.

Die Überschrift bezieht sich auf eine im Englischen übliche Redewendung („to eat one’s own dog food“). Ich war schon immer ein großer Freund des „dogfooding“. Wer Wasser predigt, sollte es auch saufen. (Wenn Sie meinen englischsprachigen Blog lesen, wissen Sie schon, was meine „CPU“ höherschlagen lässt und bei welchen Gelegenheiten mir der „Arbeitsspeicher“ durchbrennt.)

Sprachpuristen (Menschen, die Sprache sehr ernst nehmen) dreht sich wahrscheinlich schon der Magen um. Sei’s drum. Wenn sie ehrlich um die „Reinheit der Sprache“ besorgt wären, müssten sie eigentlich jubeln. Ich habe brav den Genitiv (den 2. Fall) verwendet, die (im Deutschen) korrekte Fallendung weggelassen und das „böse“ englische Wort in Anführungszeichen gesetzt und kleingeschrieben.

Sie merken schon: Ich treibe Schabernack (sehr altes Wort für Jux, Streich, Spaß) — mit den Puristen, mit der Sprache und ein wenig auch mit Ihnen, werter Leser.

Natürlich ist es wichtig, Inhalte verständlich zu vermitteln; so leicht verständlich wie nur irgend möglich und angebracht. Aber Leser gänzlich vom Mit– und Nachdenken abzuhalten ist, wie ich finde, falsch. (Falls die Eine oder der Andere immer noch über die eine oder andere grammatikalische Wendung nachdenkt, habe ich eines meiner heutigen Ziele bereits erreicht.)

Dabei ist es (mir) vollkommen gleichgültig, über welchen Satz oder Textteil länger nachgedacht wird — solange die werten Leser nachdenken. Bis jetzt bewegten wir uns sprachlich noch auf dem Niveau (Ebene, Stufe, Rang) von Boulevardzeitungen. Sie sehen also, auch ich habe länger über diesen Text nachgedacht.

Leser und Inhalt im Hinterkopf

Ich gebe zu, es fällt mir schwer, dieses Niveau zu halten. Für den Boulevard (die breite Masse) zu schreiben ist einerseits Übungssache und andererseits eine Frage des zu vermittelnden Inhalts. Meine Inhalte sind in der Regel nur schlecht dafür geeignet.

Als Autor muss ich sowohl den Leser als auch den Inhalt im Hinterkopf haben (und behalten). Webdesign ist an sich ein Nischenthema. Das heißt, ich kann mich normalerweise darauf verlassen, dass die Zielgruppe eher klein ist und die werten Leser sich ohnehin mit dem Inhalt eingehender beschäftigen (oder bereits beschäftigt haben). Daher muss die verwendete Sprache nicht unbedingt „breitenwirksam“ sein; wir sind ja „unter uns“, sozusagen.

Natürlich ist Sprache eigentlich das komplexere Thema, gleichzeitig ist sie aber als Werkzeug deutlich weiter verbreitet als irgendein Aspekt von Webdesign. Daraus folgt logischerweise, dass die (hier) verwendete Sprache einer größeren Leserschaft zugänglich sein muss.

Ohne das Problem überhöhen zu wollen, für den Autor ergibt sich daraus ein Dilemma. Wo spannt man den roten Faden zwischen inhaltlicher und sprachlicher Korrektheit und allgemeiner Verständlichkeit? Wie viel Vorwissen muss beim Leser vorausgesetzt werden und wie viel darf man getrost annehmen? Falls ich mich in Detailfragen ergehe, ab wann laufe ich Gefahr, den Leser zu überfordern oder, schlimmer noch, zu langweilen? Kurz: „Verständliche Sprache“ ist leider nicht zwingend gleichzusetzen mit „verständlicher Inhalt“.

Sie werden es sofort bemerkt haben: Während der letzten vier Absätze ist der Text inhaltlich dichter und sprachlich anspruchsvoller geworden. Wir befinden uns mittlerweile etwa auf Mittelschulniveau. Das ist teilweise natürlich der deutschen Sprache, mit ihrer großen Zahl vielsilbiger Wörter (nicht „Worte“), geschuldet, aber hauptsächlich liegt es daran, dass ich mich geistig von allen Lesern verabschiedet habe, die beim Wort „Boulevardzeitungen“ die Lektüre eingestellt haben.

Sprache folgt Inhalt, nicht umgekehrt

Mittelschüler sollten problemlos in der Lage sein, Artikel zum Thema Webdesign sinnerfassend zu lesen. Also muss die dafür gewählte Sprache nicht unter diesem Niveau liegen. Falls doch, sollten die Artikel deren Lehrern vorgelegt und von diesen eine glaubwürdige Rechtfertigung verlangt werden. Immerhin gilt für die Pflichtschule auch die Unterrichtspflicht (würde ich meinen).

Aber nochmals (wenn auch in anderen Worten): „Verstehen, was jemand sagt“ (Sprache), sollte nicht gleichgesetzt werden mit „verstehen, was jemand meint“ (Inhalt). Mir persönlich wird die Formulierung „sinnerfassend lesen“ zu oft zu allgemein — zu wenig definiert — verwendet.

Der werte Leser braucht weder „bildungsfern“ noch „schwer von Begriff“ zu sein, um den Sinn eines Textes nicht zu erfassen. Es reicht (manchmal) schon ein kleines Teilchen Hintergrundwissen nicht verfügbar zu haben, um den Sinn des Ganzen nicht zu verstehen. Da nützt es dann auch wenig, wenn die verwendeten Wörter und deren Bedeutung bekannt und Satzbau und Textstruktur leicht sind.

Generell sind Autoren von Texten die einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich sein sollen also gut beraten, immer „etwas tiefer zu zielen“. Die Kunst besteht dabei darin, nicht herablassend zu werden.

Als Faustregel scheint mir die Vermeidung von „zu viel Information“ — aber auch von „zu wenig Information“ — ganz gut geeignet. Schafft man es dann auch noch, die Sprache dem zu vermittelnden Inhalt anzupassen, sollte man eigentlich auf der sicheren Seite sein.

Die gnadenlose Vereinfachung der Sprache unter dem Deckmantel der Zugänglichkeit kann schnell zur sinnlosen Opfergabe werden. Wenn die Sprache „auf den Hund kommt“, bleibt zwangsläufig Wissen „auf der Strecke“. Wird kein Sinn mehr vermittelt (weil zu viel Information fehlt), ist es relativ unerheblich, wie viele Leser diesen nicht erfassen.

Ein Experiment (Versuch)

Webdesigner erstellen Internetauftritte. Mit HTML beschreiben sie den Inhalt. Mit CSS bestimmen sie das Aussehen. HTML und CSS sind Sprachen. Es gibt auch andere Sprachen. JavaScript ist so eine Sprache. PHP ist eine andere. Damit kann man mehr machen. Dafür braucht man Datenbanken. Das sind Orte zum Speichern von Daten.

Sprachlich bewegt sich der letzte Absatz im Bereich „eingängige Texte, Werbung“. Um den Sinn zu erfassen, sollte der Abschluss der 8. Klasse reichen — so die wissenschaftliche Ansicht. So (oder so ähnlich) wird landläufig „leichte Sprache“ definiert. Das Problem bei dieser Logik: Dieser Absatz erreicht fast denselben Wert wie der vorige.

Der Unterschied? Der Absatz in (angeblich) „leichter Sprache“ ist stilistisch (und auch inhaltlich) zumindest fragwürdig und enthält kaum verwertbares Wissen. Ihn „sinnerfassend lesen“ zu können ist (formal) schön, bringt aber nichts — soll heißen: Sie hätten es auch bleiben lassen können. Der (angeblich) in fast so „leichter Sprache“ geschriebene Folgeabsatz ist stilistisch deutlich besser und vermittelt Wissen, mit dem Sie tatsächlich etwas anfangen können.

Keine Scheu vor leichter Sprache

Was ich mit diesem Experiment (und eigentlich dem ganzen Artikel) sagen wollte ist: Haben Sie keine Angst vor „leichter Sprache“. Ganz im Gegenteil: Bemühen Sie sich, die zu vermittelnden Inhalte so leicht und „unterhaltsam“ wie möglich zu präsentieren. Und natürlich: Denken Sie über Ihre Texte und Ihr Publikum (vorher und während des Schreibens) gründlich nach.

Es ist möglich, auch komplexere Inhalte in relativ einfach verständlicher Sprache zu vermitteln. Nur gibt es (wie ich meine) für jeden Inhalt eine vernünftige Untergrenze. Diese mutwillig zu unterschreiten ist unsinnig. Die gute Absicht ist oftmals das Gegenteil der guten Tat.

Abschließend möchte ich Ihnen noch eine Liste sehr nützlicher Online–Werkzeuge an die Hand geben. Scheuen Sie sich nicht, diese (gewohnheitsmäßig) zu nutzen.

Natürlich können Ihnen diese Werkzeuge (und auch ich) keine Sicherheit geben, dass Ihre Texte allgemein besser verständlich werden. Menschliche Leser sind unterschiedlich. Sie lassen sich kaum mit Algorithmen (mathematischen Mustern) erfassen. Eines ist jedoch gewiss: Ihre Inhalte werden von Ihrem ehrlichen Bemühen um bessere Verständlichkeit profitieren.