Nomen est omen oder Wie dieser Blog zu seinem Namen kam
Ursprünglich war 1 Minute Webdesign der Titel eines kleinen Leitfadens, den ich während eines Kurses geschrieben hatte. Meine Kurskollegen konnten mit dem Vortrag wenig anfangen, und die Pausen zwischen den Unterrichtseinheiten waren kurz. Also überlegte ich mir einen Weg, das zu vermittelnde Wissen in kleinen, leicht verdaulichen Häppchen nachzureichen.
Das Ergebnis war eine Sammlung von HTML–Seiten, die bequem auf einer 3,5–Zoll Diskette (1,44 MB Speicherkapazität; damals noch das Mittel der Wahl, um Daten extern zu speichern) Platz fand, und praktisch überall und jederzeit verfügbar war.
Was als private „Notfallmaßnahme“ für neun junge Webdesigner begonnen hatte, entwickelte sich innerhalb weniger Wochen zu einem ausgewachsenen Projekt. Je mehr Disketten im Umlauf waren, umso häufiger wurde ich gedrängt, ein „richtiges“ Buch aus dem vorhandenen Material zu machen.
Ich ließ mir die Sache also durch den Kopf gehen. Um ehrlich zu sein, ich dachte länger darüber nach, als ich zur Erstellung des Leitfadens gebraucht hatte. Schließlich setzte ich mich noch einmal an den Computer und entwarf eine Version, die ich einem Verlag anbieten konnte, ohne dabei zu erröten.
Die Fertigstellung dauerte dieses Mal nicht zwei, sondern gut vier Wochen, die Datenmenge hatte sich verdreifacht — hauptsächlich weil die verwendeten Beispiele ohne Serverunterstützung nicht umgebungsunabhängig verwendbar gewesen wären — und natürlich musste jede Codezeile den Empfehlungen des W3C entsprechen und barrierefrei sein. (Dass sich die meisten Verleger — und leider auch viele Autoren — wenig bis gar nicht um solche „Details“ kümmern, erfuhr ich erst später — nach und nach.)
Der erste Verlag, den ich anschrieb, forderte mich auf, „so schnell wie möglich einfach gleich das ganze Werk“ zu übermitteln. Ich solle mich gar nicht mit einem Exposé aufhalten. Zwei Tage später erhielt ich die Nachricht, man sei verlagsseitig vollends begeistert und hoffe, ich wäre eventuell bereit, etwaige „kleine“ Änderungen vorzunehmen. Natürlich war ich dazu bereit. Was für eine Frage!
Zwölf Wochen später — ich hatte immer noch keine Änderungsvorschläge erhalten — fragte ich vorsichtig an, ob denn noch Interesse am Verlag des „Buches“ bestünde. „Doch, doch, sehr gerne werden wir Ihr Buch verlegen“, kam die rasche Antwort, aber könnte ich vielleicht den Inhalt so abändern, dass beim Leser der Eindruck entstünde, ich hätte den Webeditor eines bestimmten Herstellers, statt des von mir erwähnten Open Source Produktes, verwendet?
Davon abgesehen, dass das gewünschte Produkt lächerlich überteuert (und — zumindest in der damaligen Version — für vernünftiges Webdesign vollkommen ungeeignet) war, hatte der Verlag bereits sechs andere Bücher im Katalog, die eben diesen Editor … na ja, bewarben.
Das war nicht Sinn des Buches, das ist nicht der Sinn von Webdesign, und ganz sicher war es nicht in meinem Sinne. Ich beschloss, das Buch selbst zu verlegen. Also bat ich einen Freund, den gesamten Inhalt auf Tipp– und Rechtschreibfehler zu überprüfen (das hätte gegebenenfalls der Verlag vor Veröffentlichung erledigt — oder auch nicht). Gerade als ich endlich zur Veröffentlichung bereit war, brachte das W3C eine komplette Überarbeitung der Webstandardrichtlinien heraus, und machte all meine Bemühungen mit einem Schlag zunichte.
Um es kurz zu machen: Ich war frustriert — und stampfte das gesamte Projekt ein. Was übrig blieb, ist dieser Titel — und die Idee, ihn eines Tages für ein anderes, ähnliches Projekt zu nutzen. Dieser Tag ist heute …